Julian Nagelsmann würde für einen erfolgreichen Start in die WM-Qualifikation sogar seine modischen Gewohnheiten opfern. Der Bundestrainer kündigte an, notfalls das Deutschland-Trikot zu tragen, falls dies die Mannschaft motiviert. «Wenn die Mannschaft morgen sagt, das emotionalisiert sie unfassbar, dann ziehe ich mir auch ein Trikot an», erklärte der 38-Jährige mit einem Lächeln vor dem Auftakt gegen die Slowakei am Donnerstag (20.45 Uhr/ARD).
Wenige Stunden vor dieser Aussage hatte Nagelsmann noch hochkonzentriert am Trainingsplatz in Herzogenaurach den Anweisungen von Rudi Völler gelauscht. Danach schickte er Kapitän Joshua Kimmich zur letzten Übungseinheit vor dem wichtigen Qualifikationsstart.
Dominanz als neues Ziel
Nach dem bitteren EM-Aus gegen Spanien und dem letzten Platz beim Nations League Final Four will Nagelsmann eine neue Mentalität etablieren. Sein aktuelles Lieblingswort lautet «Dominanz» - diese soll sein Team in allen sechs Spielen der Ausscheidungsrunde gegen die Slowakei, Nordirland und Luxemburg zeigen.
«Ich habe schon den Anspruch, dass wir da mit einer guten Dominanz durchgehen», betonte der Bundestrainer. Dominanz bedeute dabei nicht zwingend klare Siege, sondern die Art des Spiels: «dass wir keine Zweifel innerhalb der Spiele lassen», präzisierte er.
Genau das war das Problem beim 3:3 gegen Italien im März und der 1:2-Niederlage gegen Portugal im Juni. Siege gegen mögliche Titelkonkurrenten wurden verschenkt, was zu Ernüchterung führte.
Nagelsmann unter Erfolgsdruck
Für den Bundestrainer steht einiges auf dem Spiel. Mit seiner selbstbewussten Art hat er die Messlatte hoch gelegt - auch für sich selbst. In seinem dritten Jahr ist er kein Neuling mehr und bereits länger im Amt als sein Vorgänger Hansi Flick.
Die Bilanz ist allerdings bescheiden: 1,83 Punkte im Schnitt nach 23 Spielen reichen nur für Platz zehn unter den zwölf bisherigen Bundestrainern. Bei K.o.-Spielen steht sogar eine negative Bilanz zu Buche: zwei Siege, ein Remis und drei Niederlagen.
318 Tage vor dem WM-Finale vor den Toren New Yorks wirken andere Teams deutlich reifer und stabiler. Dem Ehrgeiz des 38-Jährigen genügt die bisherige Ausbeute nicht.
Taktische Neuausrichtung
Nagelsmann hat die Notwendigkeit einer taktischen Anpassung erkannt. Die wichtigste Personalie ist Joshua Kimmich, der vom rechten Außenverteidiger zurück ins defensive Mittelfeld wechselt. Das Zentrum zu stärken ist eine Leitlinie, da Top-Gegner dort zu einfach das deutsche Spiel verletzen konnten.
«Ich habe das Gefühl, dass ich dort meine Stärken noch mehr einbringen kann. Der Input für die Mitspieler kann einfach größer sein», erklärte Kimmich zu seiner Rückkehr ins Mittelfeld.
Aus den sich daraus ergebenden Veränderungen macht Nagelsmann noch ein Geheimnis. Auf die Frage nach Dreier- oder Viererkette antwortete er nur: «Beides».
Personalsorgen und neue Chancen
Wahrscheinlich ist ein flexibles System mit einem defensiv ausgerichteten Außenverteidiger, der bei Bedarf in einer Dreierkette zurückfällt. Prädestiniert scheint Debütant Nnamdi Collins von Eintracht Frankfurt. Ob der U21-Vizeeuropameister den Posten schon bekommt, ließ Nagelsmann offen.
Flexibilität ist ohnehin zwingend erforderlich. Mit Jamal Musiala, Marc-André ter Stegen, Kai Havertz, Nico Schlotterbeck und Tim Kleindienst fehlt fast eine halbe Startelf für Teile oder die komplette Qualifikationsrunde.
Bis November muss sich eine neue Hierarchie bilden und bewähren. «Bei einem Turnier ist alles immer anders. Das Wichtigste ist, dass wir uns qualifizieren», beschrieb Serge Gnabry die anstehende Aufgabe.
(dpa) Hinweis: Dieser Artikel wurde mithilfe von Künstlicher Intelligenz überarbeitet.