Eine jesidische Familie mit vier minderjährigen Kindern aus Brandenburg ist in den Irak abgeschoben worden - obwohl sie am selben Tag erfolgreich einen Eilantrag gegen die Abschiebungsandrohung gestellt hatte. Die sechsköpfige Familie lebte seit 2022 in Lychen in der Uckermark.
Ein Sprecher des Brandenburger Innenministeriums bestätigte, dass die Familie am Dienstag mit einem Flug von Leipzig aus abgeschoben wurde. Das Verwaltungsgericht Potsdam hob am selben Tag eine Entscheidung auf, nach der die Familie ausreisepflichtig war.
Gericht entschied zu spät
Die Maschine startete nach Angaben von Flightradar bereits um 10.52 Uhr. Das Gericht hob die frühere Entscheidung erst um 15.30 Uhr auf, weil es wegen neuerer Umstände Zweifel hatte, dass die Ablehnung des Flüchtlingsschutzes durch das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bamf) als offensichtlich unbegründet rechtmäßig war.
Dabei ging das Gericht davon aus, dass das Bedürfnis nach Rechtsschutz noch besteht, weil es annahm, dass die Abschiebung nicht vollzogen war und die Familie die Transitzone des Flughafens Bagdad noch nicht verlassen hatte. Beim Bamf ging der Antrag um 12.17 Uhr ein.
Asylantrag als unbegründet abgelehnt
Die Familie klagte 2023 gegen die Ablehnung ihres Antrags auf internationalen Schutz und die Androhung der Abschiebung vor dem Verwaltungsgericht. Da die Ansprüche auf Flüchtlingsschutz oder subsidiären Schutz aus Sicht des Bamf offensichtlich nicht vorlagen, wurde der Asylantrag als offensichtlich unbegründet abgelehnt.
Dies hatte eine Ausreisepflicht von einer Woche zur Folge. Die Familie wollte per Eilantrag die aufschiebende Wirkung der Klage erreichen, das wies das Verwaltungsgericht im April 2023 ab. Damit war die Familie unabhängig vom Ausgang der Klage ausreisepflichtig.
Bamf prüft nur Gefahr im Herkunftsland
Das Bundesamt erklärte, in jedem Fall werde individuell geprüft, ob ein Schutz nach dem Asylgesetz erteilt werde. «Dabei dürfen Integrationsleistungen, so löblich sie auch sind, nicht berücksichtigt werden», teilte ein Sprecher der Deutschen Presse-Agentur mit. «Bei der Zuerkennung von Schutztiteln geht es ausschließlich um die Gefahr, die Antragstellenden bei einer möglichen Rückkehr in ihr Herkunftsland droht.»
Integrationsleistungen könnten aber eine Rolle bei der Entscheidung über Duldung spielen. Dazu könne das Bundesamt aber aufgrund fehlender Informationen keine Aussagen tätigen.
Völkermord an Jesiden anerkannt
Der Bundestag hatte 2023 Verbrechen der Terrormiliz Islamischer Staat (IS) im Jahr 2014 an den Jesidinnen und Jesiden als Völkermord anerkannt. Die Terrormiliz zielte auf die Vernichtung der vor allem in der nordirakischen Sindschar-Region lebenden Minderheit ab. Zehntausende Menschen wurden getötet, verschleppt, versklavt und misshandelt.
Die Sicherheitslage im Irak ist nach Jahrzehnten der Kriege und politischer Unruhen weiterhin angespannt. Mit dem Abschiebeflug von Leipzig nach Bagdad waren am Dienstag 43 Menschen in den Irak gebracht worden.
(dpa) Hinweis: Dieser Artikel wurde mithilfe von Künstlicher Intelligenz überarbeitet.